Jugoslawien - nicht ein, sondern 5 Dutzend Sammelgebiete!

In den sieben Nachfolgestaaten Jugoslawiens ist mittlerweile eine Generation junger Leute

herangewachsen, die den alten Einheitsstaat nicht mehr oder nur aus den Erzählungen ihrer

Eltern kennt. Nach dem Zusammenbruch des alten Jugoslawiens war dies eine harte Bewährungsprobe

für unsere 1975 gegründete Arbeitsgemeinschaft (ArGe-YU), und es soll

damals zwei Dutzend Austritte, vor allem von Kroaten, gegeben haben. Die ArGe hatte sich

dann dennoch entschlossen, sich nicht umzubenennen, sondern den Zusatz „ … und Nachfolgestaaten“

in ihren Namen zu nehmen. Mittlerweile ist Jugoslawien ein geographischhistorischer

Begriff, und es gibt viele Parallelen zu anderen ArGen, die auch Namen vergangener

Staaten tragen: Die ArGen DDR, Deutsches Reich, Rhodesia (UK), Tschechoslowakei,

Osmanisches Reich und die Yugoslavia Study Group (YSG; im UK) sind Belege

dafür.

Heute ist die Arbeitsgemeinschaft Jugoslawien e.V. unter den rund 300 ArGen Deutschlands

eine der größten mit Auslandsbezug: Rund 160 Philatelisten & Posthistoriker aus ein

Dutzend Ländern (darunter aus fast allen YU-Nachfolgestaaten) gehören ihr an, unter dem

Dach des BDPh und des PhVM (Philatelistischen Verbandes Mittelrhein e.V.). Die ArGe-YU

wurde zuletzt 1998 beim Vereinsregister des Amtsgerichtes Charlottenburg eingetragen und

führt seit Jahrzehnten regional monatliche Stammtische durch (aktuell in Köln). Geplant sind

ein Nordtreff in Hamburg und eine Wiederbelebung der Regionaltreffs in Süddeutschland.

Die ArGe-YU bietet ihren Mitgliedern für 38 € Jahresbeitrag (2018) einen umfassenden Service.

Dreimal jährlich bekommen sie die Südost-Philatelie (SOPhia, Farbdruck A4) und

dazu jährlich den Kroatischen Almanach (Zagreb; Farbkunstdruck A4) sowie auf Wunsch

elektronisch die serbische Zweimonatszeitschrift Filatelisticki Glasnig (Beograd) zugesandt.

Darüber hinaus veranstaltet die ArGe mehrere Vortragstreffen, auch mit Expertenlesungen

außerhalb des eigenen Sammelgebietes (so z.B. zu historischen Persönlichkeiten,

zu Lettland, zu Rhodesien, zu den Morocco Agencies usw.). In Köln wurde 2017 monatlich

ein „kleiner Vortrag“ zu einem interessanten Beleg oder zu einem spannenden Thema

eingeführt, so dass kein Stammtisch mehr „themenlos“ verläuft.

Traditioneller Bestandteil der jährlichen Treffen zu den Mitgliederversammlungen in Köln-

Bonn sind die Bender-Krischke-Velickovic-Gedächtnisvorlesungen (benannt nach drei

verstorbenen BPP in unserer ArGe), bei der bisher 6 Fachvorträge von Experten aus drei

Ländern gehalten wurden (dazu vgl. Termine).

Bevor Sie unten den Beitrag unseres ehemaligen Vorsitzenden Peter Hornung (Erstabdruck

in der DBZ N° 22/2012) lesen, vorab ein paar statistische Angaben, die wir auszugsweise

unserem Regionalregisterband SOPhia 131-132 entnahmen.

Das Sammelgebiet Jugoslawien umfasst demgemäß neben den

 

3 Kerngebieten S.H.S. (1918-1928), „Jugoslawien“ (1929-2003) sowie

Serbien & Montenegro (2003-2006) die

7 Nachfolgestaaten Bosnien & Herzegowina, Kosovo, Kroatien,

Makedonien, Montenegro, Serbien und Slowenien samt

5 zusätzlichen Postverwaltungen für Bosnien (K.u.K.-Militärpost, SFOR,

Kroatische und Serbische Post) mit Brčko, Doboj, Mostar

4 kriegsbedingte Ausgabegebiete für die Serben in Kroatien (RSK)/ die UNMIK im Kosovo

 

Zu diesen 19 Teilgebieten kommen hinzu:

2 vorphilatelistische des Osmanischen Reiches und Österreichs

auf dem Gebiet des späteren Jugoslawien

6 eigenständig serbische & montenegrinische: Fürstentum, Königreich, Exilpost (& Dt. FP).

 

Zu diesen 27 zählt man seit Ende des Ersten Weltkrieges noch:

7 grenzkorrekturbedingte in Slowenien (Abstimmungsgebiete usw.)

5 Lokalausgaben in Kroatien und Serbien nach den Weltkriegen

6 Ausgabegebiete Kroatien (mit NDH und seinen Lokalausgaben)

4 aus Jugoslawien im Zweiten Weltkrieg: Partisanenpost, Exil- und Ravna-Gora-Ausgaben

8 Bulgarische, deutsche und italienische Besatzungsausgaben in

Makedonien, Montenegro, Serbien und Slowenien sowie

3 aus dem Nordwesten nach 1945:

Fiume, Istrien, Pula, Triest sowie das Kroatisch-Slowenische Küstenland,

so dass man - je nach Zählung! -

auf 60 Sammelgebiete kommt.

Diese sind in der folgenden Aufstellung detailliert wiedergegeben:

  1. >WK-II: Fiume - Istrien - Pula - Triest - Kroatisches & Slowenisches Küstenland

      I-1 1945-1947 Julisch Venezien (AMG-VG) Allied Military Gov.t Venezia Giulia

      I-2 1945-1954 Triest A (AMG-FFT) Allied Military Govt. Free Territory Trieste

      I-3 1948-1954 Triest B (STT-VUJA) Swobodni Trzaški Teritorij - Vojna Uprava…

2.Jugoslawien 1929-2003

        II-1 1929-1941 Königreich

        II-2 1941-1945 YU im II.WK

           II-21 1941-1945 Partisanenpost

           II-22 1943 Exilausgaben der Regierung in London

           II-23 1943-1944 Deutsche Besetzung allgemein ohne Besetzung Serbiens usw.

           II-24 1944 Mihailović-Ausgaben / sog. Ravna Gora-Ausgabe / Heimatarmee

        II-3 1944-1945 Demokratische Föderation (u.a. zum "Senta-Provisorium")

        II-4 1945-1991 Föderative Volksrepublik (FNRJ)

        II-5 1991-2003 Republik Jugoslawien (= SRB & MN)

        II-6 2003-2006 Serbien & Montenegro

III. Bosnien & Herzegowina

        III-1 bis 1879 Vorphilatelie & Osmanische Zeit

        III-2 1878-1918 K.u.K. - Militärpost

        III-3 1918-1919 S.H.S. - Überdrucke

        III-4 1995-2015 Internationale Truppen: SFOR, EUFOR usw. ; Bosnien nach Dayton:

        III-5 1993--> Föderation Republika Bosna i Hercegovina

           III-51 Gebiet der Stadt Brčko

        III-6 1993--> Kroatische Post Mostar Hrvatska Republika / HR Herceg Bosna

           III-61 1994 Lokal-/Aushilfsausgabe Ost-Mostar

        III-7 1992--> Republika Srpška

           III-71 1994 Lokalausgabe Doboj

  1. Kosovo

IV-1 1999-2008 UNMIK United Nations Interim Administration Mission in KOS

IV-2 2008--> PTK-Eigenausgaben und Republik

IV-3 Serbische Post

  1. Kroatien

V-0 bis 1918 Vorphilatelie und K.u.K-Periode

V-1 1918-1919 S.H.S.-Neuausgaben & ungarische Überdrucke (LokalAusg &Banat)

V-2 1918-1920 Baranya - Pécs - Bela Manastir & Umgebung

V-3 1918-1947 Fiume - Sušak - Fiumano-Kupa

V-4 1918-1945 Arbe (Rab) & Veglia (Krk) Zara & Umgebung / Dalmatische Inseln

V-5 1918-1919 Medjimurje - Prelog - Mursko Središce

V-6 1941-1945 NDH Nezavisna Drzava Hrvatska

Unabhängiger Staat Kroatien (Ustaša)

V-7 KZ-, Lager-, Internierten- , Zensur- & Militär-Post in HR

V-8 Lokalausgaben und Ähnliches

V-81 1941 Medjimurje (Murinsel) Aufdruck auf jugoslawischen PwZ

V-82 1941-1943 Banja Luka Aufdruck auf jugoslawischen PwZ

V-83 1943-1944 šibenik Aufdruck N.H./H. auf italienischen PwZ

V-84 1943 Zara Deutsche Besetzung (heute Zadar)

V-85 1941 Zemuner Gebiet / Ost Srem (Grenzgebiet zu SRB)

V-86 1945 YU-Ausgaben der Volksrepubliken (Lokalausgaben)

V-9 1991--> Periode der neuen Republik

V-92 1993-1997 RSK Republik Srpška Krajina (Nord: Vukovar; Süd: Knin)

V-93 1995-1997 RSK Sremsko Baranjska Oblast (nur Nordostteil)

  1. Makedonien

VI-1 bis 1912 Periodenübergreifend/ Vorphilatelie/ Osmanisches Reich

VI-2 1914-1918 Bulgarische Besetzung

VI-3 1944 Deutsche Besetzung (Landespost)

VI-4 1999 Übergang von YU zur Republik / Internationale Truppen

VI-5 1991--> Republik (incl. aktueller Postkrieg)

VII. Montenegro

VII-0 bis 1874 Österreichische Vorphilatelie / Osmanisches Reich

VII-1 1852-1910/1910-1918 Fürstentum / Königreich

VII-2 1914-1918 WK-I: Interniertenpost

VII-3 1916 WK-I: Frankreich / Bordeaux-Ausgabe

VII-4 1941-1944 WK-II: Italienische Besetzung (zB Cattaro)

VII-5 1943-1944 WK-II: Deutsche Besetzung

VII-51 1944-1945 WK-II: Kotor

VII-6 2000 Übergang zur Republik

VII-7 2006--> Republik

VIII. Serbien

IX-0 1817-1863 Vorphilatelie bis Osmanisches Fürstentum

IX-01 1840-1869 Post via Österreichisches Postamt

IX-02 1866-1880 Post durch DDSG usw. (Donaudampfschifffahrtsgesellschaft)

IX-11 1866-1882 Fürstentum

IX-12 1882-1918 Königreich

IX-13 1885-1886 Serbisch-Bulgarischer Krieg

IX-2 1914-1918 WK-I: Saloniki-Front sowie K.u.K.-Besetzung

IX-3 1916-1918 Exilpost / Postes Serbes Aufdruck auf französischen PwZ

IX-4 1915-1916 Deutsche Feldpost

IX-5 1916-1918 Bulgarische Besetzung östlicher & südlicher Teil SRBs

IX-6 1918-1923 Bačka & Banat; Zombolja(v) & Südungarn aus Temešvár

IX-7 1941-1944 Deutsche Besetzung im WK-II .

IX-71 Zemuner Gebiet / Ost Srem (Grenzgebiet zu HR)

IX-8 1945 Vojvodina - YU-Ausgaben der Volksrepubliken (LokalAusg/FiskalMk)

IX-9 2006 --> Republik

  1. Slowenien

IX-1 1850-1918 K.u.K.-Periode bis zum Ende WK-I

IX-2 1918-1921 Abstimmungsgebiete nach dem WK-I : Kärnten

IX-21 1920 Volksabstimmung - Aufdrucke auf slowenischen PwZ

IX-3 1919-1921 Abstimmungsgebiete Prekmurje - Belatinci - Dobrovnik

IX-31 1919-1921 Prekmurje / Mur- & Transmurgebiet (Prekkomurje)

IX-4 1918-1919 Abstimmungsgebiet Steiermark

IX-41 1918-1919 Zone šent Ilj - Apače Gornja Radgona

IX-5 1919-1920/21 S.H.S. Kettensprengerperiode samt Portomarken

IX-6 1941-1944 Italienische Besetzung

IX-7 1941-1945 Deutsche Besetzung

IX-71 1941-1945 Gebiet als Teil des Deutschen Reiches (deutsche PwZ)

IX-72 1943-1945 Landespost Laibach

IX-8 1991 --> Republik

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Auf der Jahreshauptversammlung der ArGe Jugoslawien am 10. Januar 2014 im Maredo Köln-Rudolfplatz wurde der Vorstand neu gewählt. Zu dem Treffen kamen 24 Teilnehmer aus Berlin, Belgrad (Serbien), Bonn, Düsseldorf, Hamburg, Köln, Stuttgart und Wiesbaden. Festredner war der Belgrader d´Or-Autor Predrag Antic, der zu seiner Sammlung Fürstentum Serbien sprach. Das neue „Transnationale Netzwerk der Balkanphilatelie“ besteht aus 130 Fachleuten aus ganz Europa, insbesondere Deutschland und ex-Jugoslawien. Es wird von der in Bonn ansässigen Stiftung zur Förderung der Philatelie und Postgeschichte unterstützt.

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Es gibt wohl in Europa kein vielfältigeres Sammelgebiet als das Land, das bis 1991 Jugoslawien war.

Ein Sammelgebiet? Nein, es sind derer viele, mit denen sich die ArGe Jugoslawien Nachfolgestaaten beschäftigt: Von den Zeiten des alten Serbiens und der K.u.K-Monarchie über das SHS-Königreich, den "Unabhängigen Staat Kroatien" während
des Zweiten Weltkriegs und das "alte" Jugoslawien bis hin zu den Nachfolgestaaten lässt sich ein eigener, dicker Katalog zusammenstellen, in dem auch zahlreiche Besatzungsausgaben
ihren Platz beanspruchen und so ist der Typus des Jugoslawien-Sammlers, der vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart alle Gebiete und Untergebiete sammelt, eher die große Ausnahme.
 
Die meisten Philatelisten suchen sich aus dem großen Angebot etwas heraus.
 
Altserbien zum Beispiel, zunächst ein Fürstentum unter türkischer Oberhoheit und später ein unabhängiges Königreich, dessen erste Ausgaben im Jahr 1866 erschienen.
 
Die klassischen Marken Serbiens sind dabei noch durchaus erschwinglich, die Möglichkeit zur Spezialisierung durch Poststempel, Papiersorten und Zähnungen vielfältig. 
 
Stichwort Poststempel: Für den deutschen Sammler ergibt sich natürlich zunächst das Problem, die bis heute in Serbien verwendete kyrillische Schrift zu entziffern - Doch dazu bedarf es nur einiger Übung - China- oder Arabien-Sammler haben es sicher schwerer.
 
1918 entstand der erste gemeinsame Staat, der sich "Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen" (SHS) nannte. Erst drei Jahre später erschienen gemeinsame Marken für das ganze Land, ab 1929 hieß das Königreich "Jugoslawien", das Land der Süd-Slawen also. 1941 verlor Jugoslawien seine Unabhängigkeit, es war bis 1944/ 45 besetzt von deutschen und italienischen Truppen. Durch diese Besetzung überschneiden sich die Sammelgebiete Deutschland und Jugoslawien: Die Besetzungsmarken z.B. von Serbien oder Zara finden sich im Deutschland-Katalog.
Nach dem Krieg folgte eine über 40-jährige vergleichsweise friedliche Zeit des kommunistischen Tito-Staates,  mit vielen reizvollen Motivmarken, die auch heute noch zu günstigen Preisen zu bekommen sind. Mit dem Frieden vorbei war es Anfang der 90er-Jahre; Schon im Jahr 1990 gab es in der Teilrepublik Kroatien die ersten Unruhen, im Frühjahr 1991 begann ein Bürgerkrieg, der sich rasch über große Teile des bisherigen Jugoslawiens ausbreitete. Zunächst waren es Kroatien und Slowenien, die sich für unabhängig erklärten und eigene Marken ausgaben, dann folgte Bosnien-Herzegowina, in dessen Hauptstadt 1993 während der Belagerung durch bosnisch-serbisehe Truppen die ersten eigenen Marken erschienen. Im Schatten des Krieges entstanden neue Sammelgebiete, die Republik Serbische Krajina zum Beispiel, ein serbischer Pseudostaat auf dem Gebiet Kroatiens, der vielen CEPT-Sammlern durch die eigenen, in niedrigen Auflagen erschienenen Europa-Marken bekannt ist. Reizvoll für Spezialisten ist auch die Feldpost der zahlreichen Friedenstruppen auf dem Gebiet des früheren Jugoslawiens - so befinden sich bis heute deutsche Feldpostämter im Kosovo.
 
Die Folgen des Krieges sind auch für Philatelisten noch offensichtlich: Das "alte" Jugoslawien existiert nicht mehr, dafür gibt es neun Postdienste und damit Sammelgebiete auf dessen früherem Gebiet: Ganz im Norden Slowenien, das 2004 als bisher einzige ehemalige Teilrepublik Jugoslawiens der Europäischen Union beigetreten ist und das offiziell zur Eurozone gehört. Sloweniens
südöstlicher Nachbar Kroatien soll am 1. Juli 2013 der 28. Mitgliedsstaat der EU werden. In Bosnien gibt es gar drei Postverwaltungen: Neben der bosnisch-muslimischen Post in Sarajevo geben auch die bosnischen Serben (Republika Srpska) und die bosnischen Kroaten eigene Marken aus. Serbien und Montenegro, die bis 2006 noch ein gemeinsamer Staat waren, gehen in zwischen getrennte Wege und geben eigene Marken aus - Montenegro-Marken erscheinen in Euro-Währung, das Land hat - ebenso wie das seit 2008 unabhängige Kosovo den Euro als Währung übernommen, ohne zur Eurozone zu gehören. Auch an Kuriositäten fehlt es nicht: So gibt es in der Republik Kosovo in von Serben kontrollierten Orten noch immer Postämter, die serbische Marken verwenden.
Kein Zweifel: Bis zum heutigen Tage bieten die Sammelgebiete des ehemaligen Jugoslawiens eine Vielfalt, die den Sammler vor eine nicht einfache Entscheidung stellt.
 
Was alles soll er sammeln?
 
Egal, was er auswählt: Die Arge  Jugoslawien bietet ihm (oder ihr) in jedem Fall eine sammlerische Heimat.

 

 

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